Friedenspreise gibt es viele. Im Unterschied etwa zum Friedensnobelpreis, zum Friedenspreis des deutschen Buchhandels oder dem Westfälischen Friedenspreis wird der Aachener Friedenspreis nicht von mächtigen Stiftungen oder Wirtschaftsverbänden verliehen, sondern von einem Verein aus der Friedensbewegung, dessen Mitglieder alljährlich mit 2/3-Mehrheit die Preisträgerinnen und -träger wählen und auch selbst mit ihren Beiträgen das Preisgeld aufbringen.
Jedes Jahr am Antikriegstag, dem 1. September, werden in einer öffentlichen Feier Personen ausgezeichnet, die sich vorbildhaft „von unten“ für den Frieden eingesetzt haben und damit den Beweis antreten, dass man gerade auch ohne die Macht großer Ämter und staatlicher Institutionen unsere Welt ein Stück friedlicher und gerechter machen kann. Zugleich soll die Preisverleihung den Ausgezeichneten und ihrem Anliegen mehr Öffentlichkeit verschaffen und sie dadurch in ihrem Engagement unterstützen – und oft auch schützen.
In diesem Jahr geht der Aachener Friedenspreis an Borderline Europe – Menschenrechte ohne Grenzen e.V. sowie an Alejandro Cerezo und das Comité Cerezo aus Mexiko. Damit werden diesmal zwei Organisationen geehrt, deren Einsatz für Menschenrechte ein wichtiger Baustein für den Frieden ist.
Vernünftige Politik – und dazu soll unser Friedensengagement ja gehören – können wir nur machen, wenn wir wissen, mit welchen Verhältnissen wir es überhaupt zu tun haben. Borderline Europe hat sich darauf spezialisiert, die Vorgänge an den EU-Außengrenzen zu dokumentieren. Wenn in einem Grenzkonflikt in fünfstelliger Zahl Menschen sterben, würden wir einen Krieg oder das Regime einer grausamen Diktatur vermuten. Wie also wollen wir es nennen, dass an den paramilitärisch bewachten Außengrenzen der Europäischen Union in den letzten fünfzehn Jahren schätzungsweise 15.000 Menschen oder vielleicht auch erheblich mehr ums Leben gekommen sind? Manche nennen es den „Krieg gegen Flüchtlinge“. Ihn zu beenden, ist ein wichtiger Schritt der Friedenspolitik vor der eigenen Haustür, doch damit er beendet wird, muss er überhaupt erst ins Bewusstsein der Menschen in Europa – genau dort setzt Borderline Europe an.
Bei der Dokumentation von Unrecht setzt auch das mexikanische Comité Cerezo an. Es entstand ursprünglich als Solidaritätskomitee nach einer willkürlichen Verhaftung von Alejandro Cerezo, ist aber inzwischen zu einer größeren Bewegung gewachsen, die verhindern will, dass die mexikanische Zivilgesellschaft im „Krieg gegen die Drogen“ zwischen Regierung und Drogenkartellen immer weiter zerrieben wird. Die Dokumentation von Demokratieverlust und Menschenrechtsverletzungen ist ein wichtiges Element dieser Arbeit. Das Comité Cerezo bemüht sich zugleich, die eigenen Methoden weiterzuvermitteln und mehr Menschen in die Lage zu versetzen, sich an dem Engagement zu beteiligen.
Zur Preisverleihung am Samstag, dem 1. September 2012, werden Alejandro Cerezo und einer seiner Brüder nach Aachen kommen, VertreterInnen von Borderline Europe natürlich auch. Um 17.30 Uhr wird auf der Kundgebung zum Antikriegstag am Aachener Elisenbrunnen unter anderem Stefan Schmidt sprechen, ehemaliger Kapitän der Cap Anamur und Gründungsmitglied von Borderline Europe. Von dort geht es mit einer Friedensdemonstration zur Aula Carolina, wo die Preisverleihung unter anderem mit Festredner Heribert Prantl aus München stattfindet, zu der alle Friedensfreundinnen und Freunde herzlich eingeladen sind. Wer mag, kann bis zum geselligen Ausklang im Anschluss an die Preisverleihung bleiben.
Anmerkung: Ich hatte Borderline Europe e.V. für den Aachener Friedenspreis vorgeschlagen. Das Comité Cerezo wurden vorgeschlagen von Andrej Hunko.