Dass Krieg nicht lustig ist und ein kriegführender Minister nicht der richtige Adressat für einen Karnevalsorden, das hätte Freiherr von und zu Guttenberg schon frühzeitig dem Aachener Karnevalsverein mitteilen können, wenn er – ganz unabhängig von der politischen Richtung – ein Gespür gehabt hätte, was politisch angemessen und was menschenverachtend zynisch ist. Es hätte ihm keinen Zacken aus der Krone gebrochen, den „Orden wider den tierischen Ernst“ dankend abzulehnen. Mehrere hundert Menschen demonstrierten deshalb gegen die Preisverleihung, teilweise mit drastischen Slogans wie „Kein Orden fürs Morden“. Ausgerechnet am Wochenende der Preisverleihung kam dann heraus, dass ebensowenig wie ein Karnevalsorden ein richtiger Orden ist, des Preisträgers Doktortitel ehrlich erworben war.

Seither ist eine heftige Debatte unter Linken entbrannt: Guttenberg führt Kriege, die wir für Völkerrechtswidrig halten, und die deutsche Öffentlichkeit streitet über die Frage, ob jemand bei seiner Doktorarbeit abgeschrieben hat. In Nordafrika und Nahost kämpfen Menschen unter Einsatz ihres Lebens um ihre Grundrechte, und wir diskutieren über akademische Ehrlichkeit. Ist hier nicht die Wahrnehmung dessen, was relevant ist, völlig verzerrt?

Diese Fragestellung führt in die Irre. Natürlich gibt es unendlich existenziellere Fragen als das Verhalten eines zu Guttenberg bezüglich seiner gefälschten Promotion. Es geht ja nicht darum, dass die anderen Themen nun nicht mehr bearbeitet werden. Fakt ist leider, dass Anzeigen gegen die Bundesregierung wegen der Kriegsbeteiligung bisher weitgehend folgenlos geblieben sind.

Der Skandal im Fall Guttenberg liegt auch weniger darin, dass seine Dissertation größtenteils abgeschrieben ist, als vielmehr darin, dass er die Menschen, die er regiert, systematisch für dumm verkaufen will. Dass er lediglich ein paar Fußnoten falsch gesetzt hätte, war ein Hohn und diese offensichtliche Falschaussage erkennbar für jeden, der schon einmal mit wissenschaftlichen Arbeiten zu tun hatte. Inzwischen ist klar: das Ausmaß der Fälschungen ist so umfangreich, dass – analog zu einem Urteil des baden-württembergischen Verwaltungsgerichtshofs von 2008 – von einer Täuschungsabsicht ausgegangen werden muss. Entweder, Herr zu Guttenberg hat selbst in erstaunlich schlampiger Weise gearbeitet, oder aber – das halten nicht wenige für den wahren Hintergrund – er hat nicht gemerkt, dass jemand anderes schlampig für ihn gearbeitet hat. Auch dies wäre eine absichtliche Täuschung über die Urheberschaft.