Dass Krieg nicht lustig ist und ein kriegführender Minister nicht der richtige Adressat für einen Karnevalsorden, das hätte Freiherr von und zu Guttenberg schon frühzeitig dem Aachener Karnevalsverein mitteilen können, wenn er – ganz unabhängig von der politischen Richtung – ein Gespür gehabt hätte, was politisch angemessen und was menschenverachtend zynisch ist. Es hätte ihm keinen Zacken aus der Krone gebrochen, den „Orden wider den tierischen Ernst“ dankend abzulehnen. Mehrere hundert Menschen demonstrierten deshalb gegen die Preisverleihung, teilweise mit drastischen Slogans wie „Kein Orden fürs Morden“. Ausgerechnet am Wochenende der Preisverleihung kam dann heraus, dass ebensowenig wie ein Karnevalsorden ein richtiger Orden ist, des Preisträgers Doktortitel ehrlich erworben war.
„Wir haben etwas zu feiern! Das tun wir am Sonntag in Ahaus, weil der geplante Atomtransport nach Russland nicht stattfindet“, schrieb die LINKE Bundestagsabgeordnete aus dem Münsterland, Kathrin Vogler am Montag. Tatsächlich hat Bundesumweltminister Röttgen (CDU) auf einer Pressekonferenz in Bonn erklärt, die geplante Verbringung von Atommüll nach Majak nicht zu genehmigen. Diese Entscheidung sei „zunächst endgültig“.
Kurz zuvor war das Gutachten zur Bewertung des Transportes geleakt worden. Das Gutachten listet die zahlreichen Pannen an der Anlage bei Majak auf, bei denen bisher 25 Tausend Quadratmeter und eine halbe Million Menschen verstrahlt wurden, kommt allerdings dennoch zu dem sicherlich gewünschten Ergebnis, dass gegen den Transport „keine Bedenken“ bestünden.
Unerwartet stark hatten erst vor wenigen Wochen Tausende im niedersächsischen Wendland gegen den verantwortungslosen Wahnsinn der Atomwirtschaft protestiert. Viele KommentatorInnen waren sich einig: Der Standort des Atommülllagers Gorleben an der innerdeutschen Grenze wurde nur aus Gründen des Kalten Krieges gewählt, eine vertretbare Lösung des Problems der Endlagerung ist unrealistisch. Der schwarz-gelbe Ausstieg aus dem Atomausstieg ist (auch) deshalb in der Bevölkerung nicht akzeptiert und mit rechtsstaatlichen Mitteln offensichtlich kaum mehr durchzusetzen. Einsicht bei den Verantwortlichen? Fehlanzeige! Gleich nach den größten Castor-Protesten seit Jahren wurde bekannt, dass demnächst Atommüll vom Zwischenlager Ahaus im Münsterland offenbar aus Kostengründen zur Kerntechnischen Anlage Majak nach Russland geschafft werden soll – in ein Gebiet, das bereits jetzt schwer radioaktiv verseucht ist.
Die „westlichste Großstadt“ Deutschlands ist stets bemüht, ihre nationale Randlage durch Verweis auf Höheres und Größeres zu kaschieren. Ungebrochen das Verhältnis zum Frankenherrscher Karl, anderswo als der „Sachsenschlächter“ bekannt, dem die Stadt im Dreiländereck aber ihr „Weltkulturerbe Nr. 1“ verdankt.
Königskrönungen fanden nach 1531 in Aachen nicht mehr statt, seit 1950 aber wird in Anlehnung an Karl den Großen, der sein Reich mit drastischen militärischen Maßnahmen zusammen hielt, der Internationale Karlspreis für „Verdienste um die Einigung Europas“ verliehen – und zwar tatsächlich immer wieder an Personen, die für ein aggressives und oft auch militaristisches Europakonzept stehen.
Ich frage mich gerade, ob ich mich irre oder der Bund für Umwelt und Naturschutz die Presseinformation zum Koalitionsvertrag von SPD und Grünen in NRW falsch gelesen hat. In der Pressemitteilung des BUND NRW heißt es:
Als »Weichenstellung für eine zukunftsfähige Energiepolitik« wertete der nordrhein-westfälische Landesverband des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) den heute vorgestellten Entwurf des Koalitionsvertrages. […]
Die Verankerung eines CO2-Reduktionszieles von minus 80 bis 95 Prozent bis zur Mitte dieses Jahrhunderts in einem Landesklimaschutzgesetz und den definierten Vorrang für den Ausbau Erneuerbarer Energien begrüßte der BUND als wichtiges industrie- und klimapolitisches Signal.
Der Artikel über Marika und mich in der heutigen AN (erste Lokalseite der Ausgabe Aachen-Stadt) ist sehr nett. Allerdings betont er für meinen Geschmack zu sehr die Koalitionsfrage. Wie dieser Tage dauernd sagte ich: Wenn SPD und Grüne wirklich eine ökologische Energiewende, Abschaffung von Studiengebühren, Arbeitsplatzsicherung im Öffentlichen Dienst usw. wollen, laden wir sie herzlich ein, das mit uns gemeinsam umzusetzen. An uns würden diese Vorhaben jedenfalls nicht scheitern. Ich habe nicht gesagt, dass ich darauf setze, dass es tatsächlich zu einer rot-rot-grünen Koalition käme.
Ich möchte kurz etwas klarstellen, was AN und AZ offenbar unterschlagen haben an meinen Kommentaren zu den abgebrochenen Sondierungsgesprächen. Beide Kommentare gab ich telefonisch auf der Rückreise aus Berlin, als nacheinander AZ und AN mich im Zug anriefen.
Die Aachener Zeitung zitiert mich folgendermaßen:
Aus der Verfassung für das Land Nordrhein-Westfalen
(1) Im Mittelpunkt des Wirtschaftslebens steht das Wohl des Menschen. Der Schutz seiner Arbeitskraft hat den Vorrang vor dem Schutz materiellen Besitzes. Jedermann hat ein Recht auf Arbeit.
Ich halte es für einigermaßen wichtig in der aktuelle Debatte, nicht zu vergessen, wer Studiengebühren in NRW eingeführt hat. Keineswegs haben erst CDU und FDP Studiengebühren eingeführt, sondern dies geschah unter Wissenschaftsministerin Gabriele Behler (SPD), also in der letzten Phase der Koalition von SPD und Grünen.
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