In den letzten Wochen und Monaten sind offenbar Vorwürfe gegen drei frühere Karlspreisträger – Juan Carlos, Felipe González und Karl Carstens – annähernd zeitgleich durch neu veröffentlichte Dokumente, teilweise aus geheimdienstlichen Quellen, untermauert geworden.
Juan Carlos, ehemals König von Gnaden des Faschistenführers Franco, Karlspreisträger von 1982, war nach einem im Februar 2020 veröffentlichten Bericht verantwortlich für den angeblichen Putsch knapp ein Jahr zuvor, am 23. Februar 1981, der demnach ein "Selbstputsch" gewesen sein soll, um die eigene Macht zu festigen.
‘El Rey Juan Carlos organizó el Golpe de Estado’
[König Juan Carlos organisierte den Staatsstreich], schreibt der baskische Politiker Iñaki Anasagasti. Ebendieser Juan Carlos gehört zu den prominenteren Namen, die 2016 im Zusammenhang mit den Panama Papers genannt wurden, weil dubiose Geschäfte auf den Namen seiner Schwester dort auftauchen. Die in den letzten Wochen eskalierten Korruptionsvorwürfe gegen den Ex-König führten Anfang August 2020 zu dessen Ausreise in ein unbekanntes Exil.
Felipe González, ehemaliger Ministerpräsident Spaniens und Karlspreisträger von 1993, soll laut einem im Juni 2020 bekannt gewordenen CIA-Dokument der lang gesuchte “Señor X”, der Kopf staatlicher Todesschwadronen der “GAL”, gewesen sein, die in den 1980er Jahren im französischen und spanischen Baskenland Jagd auf mutmaßliche ETA-Mitglieder machten
“Gonzales has agreed to the formation of a group of mercenaries, controlled by the Army, to combat the terrorists outside the law.”
[Gonzales hat der Bildung einer von der Armee kontrollierten Gruppe von Söldnern zugestimmt, um außerhalb des Gesetzes die Terroristen zu bekämpfen], heißt es in dem veröffentlichten Dokumentausschnitt.
Karl Carstens, ehemaliger deutscher Bundespräsident und Karlspreisträger von 1984, steht aufgrund von Akten des Bundesnachrichtendienstes, die im Juli 2020 bekannt wurden, im Verdacht, 1965 als Staatssekretär im Auswärtigen Amt mitverantwortlich für den Militärputsch in Indonesien gewesen sein, bei dem es laut einem BND-Bericht aus demselben Jahr zu einem “regelrechten Abschlachten von Kommunisten” kam.
»Die Dokumente scheinen eine Mitverantwortung Deutschlands für die vorsätzliche und ungesetzliche Tötung von etwa einer halben Million Zivilisten zu zeigen, sowie für die Masseninternierung von etwa einer Million weiterer.«
zitiert t-online.de den Historiker Geoffrey B. Robinson, Autor von “The Killing Season, A History of the Indonesian Massacres, 1965-66”. Die deutsche Unterstützung der Militärs in Indonesien soll dem Bericht nach "Operation Föhrenwald" geheißen haben. (Föhrenwald ist auch der Name eines ehemaligen Zwangsarbeiterlagers in Wolfratshausen, das nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs zunächst unter amerikanischer Verwaltung als Lager für (meist jüdische) Displaced Persons und ab 1956 in deutscher Regie für sogenannte Heimatvertriebene genutzt wurde. Der Zusammenhang ist mir unklar.)