Atomkraft ist nicht sicher. Seit vielen Jahren demonstrieren wir mit der Antiatombewegung gegen die unverantwortliche Nutzung der Atomenergie, weil wir nicht erst seit Fukushima wissen, dass diese Technik niemals 100% sicher ist und die Folgen bei einer großen Panne besonders verheerend sind. Wir demonstrieren deshalb auch gegen die maroden belgischen Atomkraftwerke in unserer Nähe: Tihange liegt nur 60 Kilometer, Doel 140 Kilometer westlich von uns. Wenn dort etwas schlimmes passiert, kann es sein, dass der Wind radioaktiv verseuchte Wolken genau zu uns trägt.

Wird NRW im Stich gelassen? Der NRW-Umweltminister spricht neuerdings davon, der Betrieb von Tihange gleiche russischem Roulette. Der Energie- und Wirtschaftsminister sagt, die Menschen in Nordrhein-Westfalen werden gefährdet. Zugleich behaupten sie, die Möglichkeiten des Landes NRW, gegen die belgischen AKWs vorzugehen, wären erschöpft. Wir fragen, warum sich zum Beispiel unsere Ministerpräsidentinw nicht offiziell beim Nachbarland beschwert, wenn doch ihre Bürgerinnen und Bürger gefährdet sind?

Die Landesregierung ist selbst viel zu eng mit den großen Energiekonzernen verbunden, wie wir auch am zögerlichen Ausstieg aus der klimaschädlichen Braunkohleverstromung sehen. Der in NRW ansässige Eon-Konzern hat 2009 einen Vertrag über die Abnahme von 770 Megawatt aus Tihange und Doel mit GDF Suez (jetzt „Engie“) geschlossen. Auch ein Konzern aus dem Zuständigkeitsbereich des NRW-Energieministers macht also Geschäfte mit AKWs, durch die nach dessen eigenen Aussagen die Bevölkerung Nordrhein-Westfalens gefährdet wird.

Der Bund sieht zu. Die Landesregierung meint, jetzt wäre der Bund am Zuge, doch die Bundesumweltministerin erklärt, auch sie sähe keine rechtlichen Mittel. Tatsächlich setzt sich die Bundesregierung weder dafür ein, dass ihre Bürgerinnen und Bürger vor atomaren Gefahren aus den Nachbarländern geschützt werden, noch dafür, die Euratom-Verträge endlich abzuschaffen, durch die alle EU-Staaten zur Unterstützung der Atomwirtschaft gezwungen werden.

Katastrophenschutz katastrophal. Der einzige wirklich sichere Weg ist der möglichst schnelle Ausstieg aus der Atomwirtschaft. Aber solange Tihange und Doel nicht endgültig abgeschaltet und stillgelegt sind, brauchen die Menschen im gefährdeten Bereich endlich umfassende Katastrophenschutzpläne. Wir begrüßen es, dass Aachen jetzt endlich damit angefangen hat, überhaupt mal genauer zu erörtern, was für Zustände in unserer Region zu erwarten sind, wenn es zu einem atomaren Störfall käme. Die rechtzeitige Gabe von Jodtabletten kann zum Beispiel die Aufnahme radioaktiven Jods durch den menschlichen Körper reduzieren und damit das Risiko von Krebserkrankungen nach einem Atomunfall abmildern. Dabei kommt es aber darauf an, dass die Bevölkerung die Tabletten auch rechtzeitig zur Verfügung hat und weiß, in welcher Weise sie einzunehmen sind. Längst haben noch nicht alle gefährdeten Kommunen atomare Katastrophenszenarien durchdacht, von Lösungen für erkannte Schwierigkeiten dürfte auch Aachen noch weit entfernt sein.

Konzerne zur Kasse! Wir sind der Meinung, dass die Kosten für notwendige Schutzmaßnahmen nicht der Allgemeinheit aufgebürdet werden dürfen, sondern den Betreiberfirmen der Atomkraftwerke in Rechnung gestellt werden müssen. Engie, der französische Betreiber von Tihange und Doel, hatte 2012 einen Jahresumsatz von über 90 Milliarden Euro. Ihr Atomstrom erscheint auch deshalb billig, weil sie die Kosten für unseren Katastrophenschutz bisher nicht zahlen müssen.

Veröffentlicht als Flugblatt des Kreisverbands DIE LINKE Städteregion Aachen