Schriftliches Interview der Rheinischen Post (veröffentlichte Kurzfassung hier).

Rheinische Post: Was läuft Ihrer Meinung nach derzeit in Kitas schief?

Darius Dunker: Die beiden größten Probleme sind zweifellos der Personalmangel, und dass der Platzausbau langsamer voranschreitet als die Bedarfsentwicklung. Das führt dazu, dass in vielen Städten Nordrhein-Westfalens die Bedarfsdeckung im kommenden Kita-Jahr sogar schlechter ist als im aktuellen. Wenn Eltern aber froh sein müssen, überhaupt einen Platz für ihr Kind zu bekommen, können sie leider kaum noch bestimmen, welche Kita sie vom Konzept her für ihr Kind überzeugt. Der Personalmangel führt leider an vielen Kitas auch immer wieder zu Notbesetzungen und Ausfällen, die Kinder und Eltern, aber natürlich auch das Kita-Personal belasten.

RP: Was müsste getan werden, um das zu ändern?

DD: Ein paar wenige gut bezahlte Plätze in der »praxisintegrierten Ausbildung« (PIA) reichen leider nicht aus, um die Herausforderungen zu bewältigen, die sich aus Demografie des Personals, weiterhin steigendem Bedarf und fachwissenschaftlichen Empfehlungen für kleinere Gruppengrößen ergeben. Wenn man den Fachkräftemangel in den sozialen und pädagogischen Berufen wirklich überwinden will, muss man Maßnahmen ergreifen, um diese Berufe in unserer Gesellschaft grundsätzlich aufzuwerten. Ausbildungswege, die dem Bedürfnis der jungen Erwachsenen nach Unabhängigkeit von den eigenen Eltern gerecht werden, sind ein elementarer Bestandteil.

RP: Fühlen Sie sich als Eltern von der Politik im Stich gelassen?

DD: Wir feiern dieser Tage 70 Jahre Grundgesetz. Mir ist als Elternvertreter nicht ganz nach Feiern zumute, wenn ich sehe, in welchem schlechten Zustand das Recht und die Pflicht der Eltern zur Erziehung nach Artikel 6 heute sind. Fast alle Kinder besuchen heute die Kita und verbringen einen wesentlichen Teil ihrer Zeit dort, bevor sie zur Schule gehen. Aber Erziehungsrecht und -pflicht der Eltern spielen an der Kita kaum eine Rolle. Auch der neue Entwurf zum Kinderbildungsgesetz sieht nur marginale Mitbestimmungsrechte der Eltern vor. In meinen Augen ist es verfassungswidrig, wenn Eltern in pädagogischen Fragen der Kitas nicht elementar mitentscheiden dürfen, obwohl sie »zuvörderst«, wie das Grundgesetz sagt, für Erziehung zuständig sind.

RP: Würden Sie sich eine aktivere öffentliche Debatte zum Thema wünschen?

DD: Auf jeden Fall. Natürlich sind Eltern nicht alle ausgebildete Pädagoginnen und Pädagogen, aber im Normalfall sind sie es doch trotzdem, die ihre Kinder am besten kennen. Sie sollen ja auch nicht dem Kita-Personal ihre Expertise streitig machen, aber es muss doch gemeinsam gehen. Wenn beklagt wird, dass manche Eltern die Kita wie eine Servicestelle verstehen, an der sie ihre Kinder zur Verwahrung abgeben, hat das doch auch damit zu tun, dass ihre Mitwirkung an dem, was in der Kita geschieht, gesetzlich kaum vorgesehen ist.

Die Fragen stellte Marlen Keß.

Nachtrag

Ich möchte hinzufügen, dass ich ausdrücklich keinen Gegensatz darin sehe, Elternrechte zu stärken und Kinderrechte zu stärken. Ich halte – im Unterschied zu manchen Rechten und Konservativen – die umfassende Aufnahme von Kinderrechten ins Grundgesetz für dringend geboten.