Das Erdbeben am Morgen des 2. Januar 2021 hat mich mit einem Knall und Erschütterungen geweckt. Irgendetwas im Haus schepperte. Das Epizentrum lag nur wenige Kilometer entfernt in Mulartshütte. Das Beben hatte nur Stärke 2,5 oder (je nach Meldung) etwas mehr, aber es erinnert uns daran, dass wir in der Städteregion Aachen im einem der geologisch aktivsten Gebiete in Mitteleuropa leben.

1992 bebte es bei Roermond mit einer Magnitude von 5,9 oder 6 (je nach Bericht). Damals wurden allein in Nordrhein-Westfalen 30 Personen – meist durch herabfallende Ziegel – verletzt, es kam zu diversen Gebäudeschäden, beispielsweise auch an Kirchen von Roermond bis zum Aachener und zum Kölner Dom. Die Erschütterungen waren noch in London, Berlin und Mailand zu spüren.

Das Beben bei Düren von 1756 hatte vermutlich sogar eine Stärke von etwa 6,4 auf der Richterskala und gehört zu den schwersten, die aus Deutschland bekannt sind. Damals starben in Düren und Aachen jeweils zwei Menschen, die Erschütterungen führten auch damals zu Schäden am Aachener Dom, auch damals spürten Menschen in London das Beben. Das Erdbeben von Verviers 1692 war vermutlich noch stärker und soll bis nach Kent Schäden verursacht haben. Es kann also sehr viel heftiger zur Sache gehen in dieser Region.

Erst vor wenigen Wochen wurde das Ergebnis der »Risikoanalyse 2019« des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe vorgestellt, das ein Szenario für ein Erdbeben der Stärke 6,5 in der Region westlich von Köln durchspielt. Der Bericht ist als Bundestagsdrucksache 19/23825 nachzulesen. Für dieses Szenario kommen die verschiedenen beteiligten Insititutionen zu dem Ergebnis, dass mit mehreren Tausend Toten zu rechnen wäre. (Unter anderem ist die Bevölkerungsdichte im Kölner Raum eine völlig andere als 1756.) Außerdem:

  • Es kommt mit großer Wahrscheinlichkeit im Epizentralgebiet und dem angrenzenden Umland zu einem mehrere Tage andauernden Stromausfall mit entsprechenden Kaskadeneffekten.
  • Aufgrund des Stromausfalls, sowie aufgrund von wahrscheinlichen Beschädigungen der Infrastruktur der öffentlichen Wasserversorgung, kommt es zu zeitweisem Ausfall der Trinkwasserversorgung im Epizentralgebiet.
  • Infolge der Erschütterungen kommt es insbesondere im Epizentralgebiet zu physischen Schäden an der Verkehrsinfrastruktur.
  • Es kommt zu einer Überlastung der medizinischen Versorgung.

Nüchtern stellt der Bericht fest:

»Die flächendeckende spezifische Vorbereitung auf ein Erdbebenereignis in den gefährdeten Regionen ist aktuell nicht gegeben.«

denn:

»Die Bevölkerung wird gegenwärtig in Deutschland nicht auf Reaktionen zum Eigenschutz bei einem Erdbeben vorbereitet (wie dies z. B. in Griechenland der Fall ist), weil vergleichbare Erdbebenereignisse wie in Südeuropa in Deutschland nicht so häufig vorkommen und somit nicht im Fokus der Bevölkerung stehen. Vorkehrungen werden demnach in der Regel nicht getroffen. Eine Warnung der Bevölkerung vor dem Eintreten des Ereignisses ist nicht möglich, sodass das Beben die Bevölkerung unverhofft treffen wird.«

Das Szenario-Papier enthält auch einen umfangreichen Katalog an empfohlenen Maßnahmen.

(Das Foto zeigt Schäden durch das Erdbeben von Roermond. Foto: Rijksdienst voor het Cultureel Erfgoed, CC BY-SA 4.0, Link)